Bit-Rauschen: Nvidia zieht an Intel vorbei, KI-Superrechner, ARM-Börsengang

Nvidia macht mit KI-Chips ein Riesenplus und überholt Intel beim Umsatz. Cerebras baut mächtige KI-Cluster. ARM verrät im Börsenprospekt Schwächen.

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Das wichtigste Thema für Chipentwickler ist derzeit KI. Auch bei der diesjährigen Ausgabe der Konferenz Hot Chips in Stanford drehte sich alles darum. Die hitzige Nachfrage nach den derzeit knappen KI-Beschleunigern und die waghalsigen Risikoinvestitionen in KI-Projekte erinnern an den Hype der Kryptowährungen vor einigen Jahren.

Nvidia profitiert davon wie kein Zweiter und machte im zweiten Kalenderquartal 2023 mit 13,5 Milliarden US-Dollar mehr Umsatz als Intel (12,9 Milliarden). Der Nvidia-Gewinn lag mit 6,2 Milliarden US-Dollar höher als der gesamte Umsatz von AMD (5,4 Milliarden) im selben Zeitraum. Auch beim kalifornisch-taiwanischen Serverhersteller Supermicro klingelt die KI-Kasse. Das laufende Geschäftsjahr, das Mitte 2024 endet, könnte das erste mit über 10 Milliarden US-Dollar Umsatz für die Firma werden. Betreiber von Hyperscale-Rechenzentren schichten Investitionen um, angeblich will Facebook 10 Prozent weniger "normale" Server kaufen und viel Geld in KI-Cluster stecken.

In den USA baut Cerebras gemeinsam mit G42 aus den Vereinigten Arabischen Emiraten den ersten von sechs extrem leistungsfähigen KI-Supercomputern namens Condor Galaxy auf.

(Bild: Cerebras)

Sehr gut läuft es auch bei Cerebras, dem Hersteller der fast Wafer-großen KI-Beschleuniger "Wafer Scale Engine" WSE-2: Cerebras kooperiert mit der Firma G42 aus den Vereinigten Arabischen Emiraten, hinter der wie weiland bei Globalfoundries der Staatsfonds Mubadala steht. Gemeinsam mit G42 baut Cerebras einen internationalen Verbund aus KI-Supercomputern auf, die Condor Galaxy (CG). Das erste System CG-1 aus 64 Racks, in denen jeweils ein WSE-2-System und einige AMD-Epyc-Server sitzen, entsteht bei einem Colocation-Hoster im kalifornischen Santa Clara. CG-1 soll 4 Exaflops Rechenleistung bei der Verarbeitung von FP16-Daten liefern und bietet 82 TByte superschnelles RAM, was für riesige KI-Modelle mit bis zu 600 Milliarden Parametern genügen soll.

Auch der CPU-Architekturentwickler ARM setzt auf KI und stellte kurz vor dem geplanten Börsengang auf der Hot Chips die neuen Prozessorkerne Neoverse N2 für Server vor. Sie gehören zur Mikroarchitekturgeneration ARMv9, die ARM mehr Umsatz bringen soll. Neoverse N2 ist ein etwas abgespeckter und effizienter Verwandter der Technik Neoverse V2, die etwa Nvidia in die "Grace"-Prozessoren mit je 72 Kernen und sehr schnellem LPDDR5X-Speicher steckt. Das schnelle RAM bringt speziell KI-Algorithmen auf Trab.

ARM will den Neoverse N2 am liebsten als Bündel aus mehreren untereinander vernetzten Kernen verkaufen. Solche Pakete hat ARM schon testweise von Chip-Auftragsfertigern produzieren lassen und kann daher bestimmte Eigenschaften garantieren. Mit den Instant-Kernpaketen sollen Chipentwickler schneller und zuverlässiger zum Ziel kommen und Entwicklungsaufwand sparen. Für ARM soll sich das in höheren Lizenzeinnahmen auszahlen. Außerdem hofft ARM, dass es Kunden von RISC-V-Technik abhält, für die es vergleichbare Pakete bisher nicht gibt.

ARM will bald an die Börse, aber einige Details im Börsenprospekt bremsen die Euphorie. So will der bisherige Eigner SoftBank eine Aktienmehrheit behalten und die vom Börsengang erhofften Milliarden selbst einstreichen. ARM hingegen baut mit einem Abfindungsprogramm für freiwillig gehende Mitarbeiter weiter Stellen ab, denn Umsatz und Gewinn fielen 2022 leicht. 24 Prozent des ARM-Umsatzes kommen aus China, weshalb Sanktionen das Geschäft behindern könnten. Nur vier Kunden sorgen für weitere 33 Prozent des Umsatzes. Es wird spannend, wie der Börsengang verläuft.

Im Herbst könnten endlich Details zu den angeblich superstarken ARM-Kernen der Qualcomm-Tochter Nuvia kommen, denn am 24. Oktober startet der diesjährige "Snapdragon Summit" – trotz der verheerenden Waldbrände wieder auf der hawaiianischen Insel Maui. Die Nuvia-Oryon-Kerne sollen angeblich nicht bloß einen Snapdragon 8cx Gen4 für Windows-Notebooks befeuern, sondern auch einen Smartphone-Chip. Qualcomm zielt außer auf Apples M3 also auch auf den erwarteten A17 fürs iPhone 15 Pro. Der taiwanische Qualcomm-Konkurrent MediaTek hat ebenfalls Notebook-Ambitionen, vielleicht in Form eines ARM-SoCs mit GeForce-GPU-Chiplet von Nvidia. Diese Kombination entwickelt MediaTek jedenfalls schon für den Einsatz in Autos.

Neuheiten gibts auch zum angeblichen Superprozessor Tachyum Prodigy, der eigentlich schon 2020 mit 64 Kernen und 7-Nanometer-Technik kommen sollte, dann aber 2022 mit 128 Kernen und 5 Nanometern. Nun ist er zwar immer noch nicht da, soll aber 192 Kerne haben, falls er erscheint.

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(ciw)