"Massenüberwachung zum Sparpreis": US-Polizei kann Bewegungsprofile analysieren

In den USA nutzt auch die lokale Polizei ein mächtiges Überwachungswerkzeug. Für wenig Geld können Standorte von 250 Millionen Mobilgeräten nachverfolgt werden.

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(Bild: Paosun Rt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Lokale Strafverfolgungsbehörden in den USA haben dank einer weitgehend unbekannten Firma Zugriff auf Bewegungsdaten zu 250 Millionen Mobilgeräten. Hunderte Milliarden Standortdaten aus mehreren Jahren können damit teils ohne die Zustimmung eines Richters durchsucht werden. Das hat die Nachrichtenagentur AP in Zusammenarbeit mit der Electronic Frontier Foundation (EFF) jetzt öffentlich gemacht. Angeboten wird der Dienst demnach von einer Firma namens Fog Data Science, das für sein Überwachungswerkzeug auf Werbe-IDs von Smartphones zurückgreift.

Damit sollen eigentlich die Profile verschiedener Apps auf einem Gerät zusammengeführt werden, um die Werbung personalisieren zu können. Auch wenn die ID aber lediglich mit den Geräten und nicht mit Personen verknüpft ist, ist schon länger bekannt, dass sie für die Überwachung eingesetzt werden kann und das auch getan wird. Wer damit die Bewegung eines Smartphones über Tage, Wochen, Monate oder gar Jahre nachverfolgen kann, kann den Benutzer oder die Benutzerin entanonymisieren. Dem Bericht zufolge hilft Fog Data Science den Behörden dabei auch.

Die enthüllte Dienstleistung ist eine Art "Massenüberwachung zum Sparpreis", meint Bennett Cyphers von der EFF. Dass US-Geheimdienste wie die CIA und die NSA oder die US-Bundespolizei FBI dazu in der Lage sind, gigantische Überwachungsprogramme zu unterhalten, sei nicht neu. Jetzt mache man aber öffentlich, dass auch kleine Polizeidienststellen für teilweise schon 7500 US-Dollar pro Jahre auf eine immense Überwachungsstruktur zurückgreifen können, ordnet die Organisation die Enthüllung ein. Möglich macht das die Privatwirtschaft. Die Strafverfolgungsbehörden würden derweil oft nicht offenlegen, woher sie Bewegungsdaten haben. Das erschwere Betroffenen die juristische Gegenwehr.

Dass mit den Werbe-IDs und der damit verbundenen systematischen Erfassung von Bewegungsprofilen Milliarden verdient werden, ist seit Jahren bekannt. Deutlich weniger weiß die Öffentlichkeit darüber, was mit den Daten geschieht. Die Enthüllung fügt dem nun ein weiteres Puzzlestück hinzu. Der EFF zufolge ist die Software in der Lage, über ein spezielles Internetportal jedes Gerät auszugeben, das sich zu einem definierten Zeitpunkt an einem bestimmten Areal befunden hat – also etwa um einen Tatort. Die Standorte der Geräte könnten teils bis Mitte 2017 zurückverfolgt werden.

Ein Polizist aus North Carolina, der das als zu übergriffig empfunden hat, hat laut AP schließlich gekündigt: "Ich bin nur sauer, enttäuscht und fühle mich belogen", zitiert ihn die Nachrichtenagentur. Die benutzten Daten stammen demnach aus tausenden beliebten Apps, darunter etwa die von Waze oder Starbucks. Beide haben demnach versichert, nicht mit Fog Data Science zu kooperieren. Einer solchen Nutzung der eingesammelten Werbe-ID habe man nie zugestimmt. Das verdeutlicht, wie wenig Kontrolle die Verantwortlichen der Apps offenbar darüber haben, was mit den Daten geschieht. Apple und Google sind bereits dabei, das Tracking unter iOS und Android einzuschränken.

(mho)