Mehr Geschwindigkeit bei Regulierung autonomer Waffensysteme gefordert

Die Frage nach einer Regulierung von autonomen Waffen sorgt für Diskussionen. In einer Konferenz in Wien ging es unter anderem um Angst vor Kontrollverlust.

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Soldat, der Drohne am Himmel mit Smartphone steuert

Autonome Waffensysteme sind schon länger im Besitz einiger Staaten.

(Bild: Parilov/Shutterstock.com)

Lesezeit: 5 Min.
Von
  • Monika Ermert
Inhaltsverzeichnis

Die Diskussion über autonome Waffen nimmt mit zunehmendem Können Künstlicher Intelligenz (KI) Fahrt auf. Zugleich wird der Ruf nach einem verbindlichen Vertrag über ein Verbot bestimmter autonomer Waffensysteme lauter. Die österreichische Regierung hat abseits der seit zehn Jahren laufenden Gespräche bei den UN (United Nations) diese Woche zu einer Konferenz eingeladen, um die Dringlichkeit eines Übereinkommens zu unterstreichen.

Alexander Schallenberg, Österreichs Minister für europäische und internationale Angelegenheiten, warnte als Gastgeber der Konferenz „Humanity at the Crossroads: Autonomous Weapons Systems and the Challenge of Regulation“, dass die Gemeinschaft endlich gemeinsame Regeln formulieren müsse. Nur so sei zu verhindern, dass in künftigen Konflikten Maschinen die Entscheidung über Leben und Tod treffen. Auch gelte es zu vermeiden, dass entsprechende Softwaresysteme vermehrt in die Hände von Terroristen gelangten.

Unterstützung erhielt Schallenberg vom Skype-Entwickler und KI-Kritiker Jaan Tallinn. Tallinn warnte, genau damit, dass man sich für mehr Geschwindigkeit durch KI ausspreche, gebe man die Kontrolle nicht nur in Konflikten mehr und mehr ab.

Ebenfalls Thema in Wien waren der Einsatz von Zielbestimmungssoftware durch die Israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) und die im Ukraine-Konflikt verwendeten Softwareupgrades, die gejammten Drohnen im Ernstfall die letzte Entscheidung über das zu zerstörende Ziel überlassen. Bei gejammten Drohnen hat ein gezieltes Störsignal die Verbindung zwischen Drohne und Pilot unterbrochen. Es seien solche Systeme, vor denen frühe Entwickler rechtlicher Standards wie Richard Moyes, einer der Köpfe der Abrüstungs-NGO (non-governmental organization; dt.: Nichtregierungsorganisation) Article 36, bereits vor Jahren ausdrücklich gewarnt hätten, erklärte Sauer. „Unser Oppenheimer-Moment, das Trinity-Testprogramm, ist vorbei. Ich würde eher von einem Hiroshima-Moment sprechen“, sagte er.

Sauer, Moyes und die Chefjuristin des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK), Carola Dröge, trugen in einer Runde am Montag die rechtlichen Elemente für einen Vertrag zusammen. Sinnvolle menschliche Kontrolle über die autonomen Waffensysteme bedeute nicht, dass man alle Algorithmen im Detail verstehen müsse, so Moyes. Ein Angreifer müsse aber abschätzen können, was ein Waffensystem in der jeweiligen bestimmten Situation anrichte. Wichtig sei die geografische und zeitliche Limitierung der Systeme. Waffen, die sich solchen Beschränkungen nicht unterwerfen ließen, müssten grundsätzlich verboten werden.

Zentral ist laut Sauer auch, sich von der Idee zu lösen, man könne eine bestimmte Liste von Waffensystemen verbieten. Vielmehr seien die Funktionen zu betrachten, quer durch die „Kill-Chain“. Viele autonome Waffensysteme, wie die Patriot-Abwehrraketen, bekämen sonst zu Unrecht das Label "Killer-Robot".

Bei der Konferenz in Wien wurde mehr Geschwindigkeit bei Regulierung schnell entscheidender Waffensysteme gefordert.

(Bild: Monika Ermert )

Zahlreiche europäische Länder haben sich auf einen zweigleisigen Ansatz geeinigt. Dabei sollen vollkommen autonome Waffen verboten und Systeme, die noch von Menschen gesteuert sind, reguliert werden. Zu diesen Ländern gehören unter anderem Frankreich, das die Idee mit initiiert hat, die Niederlande, die sich schon 2021 eine eigene nationale Politik zu autonomen Waffen gegeben hat, und auch Deutschland, dem eine eigene, zumindest offiziell verabschiedete Richtlinie zu diesem Thema noch fehlt.

Ein niederländischer Vertreter sprach angesichts der vielen laufenden Arbeiten für eine mögliche internationale Regulierung davon, dass man am Ende doch eher einen Grotius-Moment haben werde. Hugo Grotius gilt als einer der Gründerväter des aufgeklärten Völkerrechts.

Trotz der Vorarbeit und des Drängens von Abrüstungsexperten, NGOs und Regionalkonferenzen Lateinamerikas und Afrikas stockt die Ausarbeitung von Regeln. Mit dieser Aufgabe ist unter dem UN-Dach die Expertengruppe Lethal Autonomous Weapons (LAWS) des UN-Waffenübereinkommens (CCWUN) betraut. Die Blockadehaltung Russlands, aber auch einiger weiterer Länder haben bislang die Aufnahme von Verhandlungen über einen völkerrechtlich verbindlichen Vertrag verhindert.

Die USA hatten bereits in der jüngsten CCWUN-Sitzung darauf hinwiesen, dass sie schon über voll autonome Waffensysteme verfügten. Sie befürworteten eher eine politische Erklärung im Stil der Selbstverpflichtung zum verantwortungsvollen Einsatz von KI und Autonomie in militärischen Anwendungen aus dem vergangenen Jahr. Solche Selbstverpflichtungen sind aus Sicht von Experten wie Dröge aber nicht ausreichend. Das IKRK wie auch Amnesty-Chefin Agnès Callamard fordern daher, statt bei in Abrüstungskonferenz in Genf direkt in der UN-Generalversammlung zu verhandeln. Der Vorteil: In der Generalversammlung bedarf es keiner Einstimmigkeit. In einer ersten UN-Resolution zu autonomen Waffen beschlossen daher im vergangenen November mehrheitlich 164 Staaten, bei fünf Gegenstimmen und elf Enthaltungen.

Ein Mandat für Vertragsverhandlungen war aber auch in dieser Resolution noch nicht drin. Bis zum Sommer soll nun aber António Guterres einen Bericht über die nationalen Positionen aller Mitgliedsländer zusammentragen. Guterres hat die Staatengemeinschaft aufgefordert, bis 2026 ein verbindliches Rechtsinstrument vorzulegen.

Frühere Abrüstungsverträge konnten teilweise nur über Umwege verwirklicht werden, etwa das Abkommen zu Streumunition oder das Verbot von Antipersonenminen. Auf die Frage, ob die Wiener Konferenz auch als Auftakt eines solchen Prozesses gedacht sei, antwortete Alexander Kmentt, österreichischer Botschafter und Director of the Disarmament, Arms Control and Non-Proliferation Department im Wiener Außenministerium: „Ziel ist es, einen möglichst starken Bericht des UN-Generalsekretärs im Juli zu erreichen. Die Diskussionen zu autonomen Waffensystemen brauchen mehr Momentum und müssen dringend zu Verhandlungen führen; in welchem Format auch immer diese möglich sind.“

(are)