Vorstellung Ineos Grenadier Quartermaster: teuer, aber tatsächlich geländegängig

Mit der treffenden Bezeichnung "Quartermaster" kommt ein halbes Jahr nach Vorstellung des hochgeländegängigen Modells Grenadier die Pick-up-Version heraus.

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Ineos Grenadier Quartermaster
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Inhaltsverzeichnis

Gut ein halbes Jahr nach der Vorstellung des Geländewagen-Modells Grenadier bringt Ineos eine verlängerte Version mit Ladepritsche namens Quartermaster. Diese Bezeichnung für den klassischen Pickup ist ziemlich folgerichtig, denn in der britischen Army wird sie für Offiziere verwendet, die den Nachschub verantworten. Ineos Automotive wurde ausdrücklich mit dem Ziel gegründet, einen echten Geländewagen anzubieten. Also ein Nutzfahrzeug mit Leiterrahmen, zwei durch ihre Beweglichkeit die Traktion steigernden Starrachsen und einem nicht-automatischen permanenten Allradantrieb mit drehmomentvervielfachender Geländestufe und Differenzialsperren. All das bietet auch der neue Pritschenwagen.

Wie der Grenadier wird das Modell Quartermaster mit den beiden Drei-Liter-BMW-Sechszylindern als Diesel mit 183 oder als Benziner mit 210 kW, beide mit der herausragenden Achtstufen-Wandlerautomatik von ZF angeboten. Dieses Leistungsangebot übersteigt das der meisten vergleichbaren Pick-up-Modelle auf dem deutschen Markt. Der geplante batterieelektrische Antrieb ist indes für den Quartermaster noch ebenso wenig angekündigt wie der brennstoffzellen-elektrische mit Wasserstoff als Energieträger, den Ineos mit Hyundai entwickelt.

Um aus dem Grenadier einen Doppelkabiner mit Pritsche machen zu können, wurde der Leiterrahmen um 305 Millimeter verlängert. Der Radstand des 5,44 Meter langen Quartermaster entspricht mit 3,23 Metern knapp den Pickup-Modellen Ford Ranger oder VW Amarok. Etwas größer als klassenüblich sind die Maße der Ladefläche mit 1,56 x 1,62 Metern. Die Standard-Europalette, das Vergleichsmaß der Branche, passt also sogar mit etwas Luft.

Ineos Grenadier Quartermaster (4 Bilder)

Die für einen Offroad-Pickup übliche Aufteilung ergibt bei einer Doppelkabine eine eher kleine Ladepritsche. So auch beim Ineos Grenadier Quartermaster, hier misst sie 1,56 x 1,62 Meter.

(Bild: Ineos)

Die Heckklappe ist zwar mit 225 Kilogramm belastbar, die Zuladung beträgt je nach Motorisierung aber nur 835 Kilogramm, deutlich weniger als bei den meisten vergleichbaren Modellen auf dem deutschen Markt, die mittlerweile meist knapp über eine Tonne Nutzlast bieten. Positiv gewendet könnte man vermuten, dass Ineos die Grenzen des Konzepts kennt und dem Wagen nicht mehr Gewicht zumuten will, als es auf extremen Strecken auf Dauer schadlos verkraften kann. Bei den anderen Eintonnen-Pick-up-Modellen sind jedenfalls vereinzelt Fälle von Rahmenschäden bekannt geworden. Das zulässige Gesamtgewicht von 3,5 Tonnen wird inklusive Nutzlast nicht überschritten. Ebenfalls 3,5 Tonnen beträgt die Anhängelast des Nutzfahrzeugs.

Herausragen kann das neue Modell auf dem Gebiet der Geländefähigkeiten, allein schon wegen des bewussten Verzichts auf eine vordere Einzelradaufhängung. Der echte permanente Allradantrieb garantiert eine uneingeschränkte Wendigkeit trotz des langen Radstands. Dazu kommt das Angebot von Differenzialsperren für beide Achsen, das sich der Wettbewerb im Bewusstsein der Belastbarkeit ihrer vorderen Differenziale und der Risiken bei falscher Benutzung durch den Kunden in der Regel verkneift.

Extrem sind auch die Watttiefe von 80 und die Bodenfreiheit von 26,4 cm. Während der vordere Böschungswinkel unverändert bei 35 Grad liegt, verflacht die Radstands- und Aufbauverlängerung naturgemäß sowohl den Rampen- und vor allem den hinteren Böschungswinkel: Mit 22,6 Grad bietet er im Umfeld keinen Spitzenwert mehr.

Das Cockpit des Quartermaster bleibt, wie aus dem Grenadier bekannt: nutzfahrzeugbetont, aber etwas verspielt – die Ausstattung mit Ledersitzen wirkt in so einem Umfeld natürlich eklatant luxuriös. Allerdings zeigt auch der Grundpreis von 81.890 Euro für beide Motorisierungen, dass der Quartermaster – ebenso wenig wie der Grenadier – nie nur Nutzfahrzeug sein wollte. Ein Gartenbau- oder Fernleitungsbaubetrieb etwa würde viel eher zu einem der nicht annähernd halb so teuren und seit Jahren bewährten Produkte aus Japan von Toyota, Mitsubishi oder Isuzu greifen.

Die Geländewagen von Ineos sind vielmehr Lifestyle-Produkte, mit denen ein solventes Publikum auf seinen Latifundien die bereits untergegangene Ära echter Geländefahrzeuge auf spielerische Weise feiern kann. Wer so urteilt, muss als Kernwettbewerber natürlich den Jeep Gladiator nennen, ein Pick-up-Modell auf Basis des Jeep Wrangler (Test), dessen Existenz derselben Zielgruppe geschuldet ist wie der Ineos Quartermaster. Er bietet sehr ähnliche Fahrwerks- und Antriebstechnik, ebenfalls einen Sechszylinder, dazu vergleichbare Abmessungen und Leistungsdaten und ist dabei mit rund 77.500 Euro viel preiswerter. Dass er noch weniger zuladen darf, wird wohl die wenigsten stören.

(fpi)