Reihe zur Europawahl: Wie digital ist Deutschland im EU-Vergleich?

In wenigen Wochen – am 9. Juni – findet in Deutschland die Europawahl statt. Wo steht die Digitalisierung in der BRD im Vergleich? Auftakt einer Serie zur Wahl.

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Europakarte mit leuchtenden Flächen

Die EU hat in Sachen Digitalisierung viel vor.

(Bild: StudioProX/Shutterstock.com)

Lesezeit: 6 Min.
Inhaltsverzeichnis

Das Thema Europarecht ist für viele Menschen sperrig, kompliziert und vor allem: weit weg. Dabei betreffen die Entscheidungen der Europäischen Union die Bürgerinnen und Bürger der Mitgliedsstaaten unmittelbar in ihrem Alltag. Oft geht es um einschneidende Punkte, insbesondere in der kontinuierlich fortschreitenden technischen Entwicklung und Digitalisierung: Wie kann ich erkennen, ob ein Foto echt ist oder einer Künstlichen Intelligenz entspringt? Wer darf meine Daten nutzen? Was habe ich für Rechte, wenn mein Laptop zu früh den Geist aufgibt?

Die Entscheidungen auf EU-Ebene schlagen entweder direkt in die Mitgliedsstaaten durch oder die Regierungen der Mitgliedsstaaten müssen innerhalb eines gewissen Rahmens ein eigenes Gesetz dafür schaffen. Die Europawahl legt fest, wer die Bürgerinnen und Bürger vertritt und welche Ansichten innerhalb des Parlaments vertreten sind.

In Deutschland dürfen am 9. Juni 2024 alle EU-Bürgerinnen und -Bürger ab 16 Jahren wählen, die im Wahlverzeichnis stehen. Insgesamt 720 Europaabgeordnete werden in diesem Jahr ins Europäische Parlament gewählt. 96 Mandate davon haben Abgeordnete aus Deutschland inne – die meisten im Europäischen Parlament. Die Wahl selbst bestreiten oft die nationalen Parteien. Die Abgeordneten treten nach der Wahl jedoch meist einer europaweiten Fraktion bei.

Europawahl 2024

In Deutschland dürfen am 9. Juni 2024 alle EU-Bürgerinnen und -Bürger ab 16 Jahren wählen, die im Wahlverzeichnis stehen. Im Vorfeld der Wahl beleuchten wir die Digitalpolitik der Europäischen Union und ordnen ein, welche Themen in Brüssel diskutiert wurden und werden.

Eine wahlberechtigte Person gibt ihre Stimme für eine Liste ab, die eine Partei oder eine andere politische Vereinigung, etwa Zusammenschlüsse deutscher und ausländischer Parteien oder supranationale Vereinigungen auf europäischer Ebene, aufgestellt hat. Das können Landeslisten oder aber auch eine gemeinsame Bundesliste sein. Auf dieser Liste sind in einer zuvor festgelegten Reihenfolge die Kandidaten aufgeschlüsselt. Je mehr Stimmen eine Partei bekommt, umso mehr Personen von ihrer Liste können ins Parlament einziehen: Die 96 Sitze im Europaparlament werden nach der Verhältniswahl verteilt.

Die aktuelle Entwicklungsgeschwindigkeit Künstlicher Intelligenz setzt sich auch auf EU-Ebene fast von selbst auf die Agenda – welche Regeln gelten, wenn es um die Möglichkeiten technischer Innovation geht?

Die EU hat sich außerdem zum Ziel gesetzt, digitaler zu werden. Übertitelt haben die Politikerinnen und Politiker dieses Vorhaben mit der "Digitalen Dekade": Bis 2030 sollen Bürgerinnen und Bürger etwa digital kompetenter werden und viele Behördengänge, wie das Anmelden in einer anderen Stadt nach dem Umzug sollen online möglich sein. Die Wirtschaft soll weitere Schritte in der Digitalisierung gehen und auch der Netzausbau ist ein fundamentales Thema.

Wie schlägt sich Deutschland in diesen Disziplinen? Das hat die EU im "Digital Economy and Society Index" – kurz DESI – festgehalten. Von 2014 bis 2022 erschien die Zusammenfassung über die Entwicklung der digitalen Wirtschaft und Gesellschaft innerhalb der EU-Mitgliedsstaaten. Die Untersuchung verteilte sich auf vier Dimensionen mit jeweils zahlreichen Unterpunkten: Digitale Kompetenzen der Bevölkerung ("Humankapital"), Konnektivität, Integration der Digitaltechnik und Digitale öffentliche Dienste. Entwickelt hatte ihn die Europäische Kommission. Das Monitoring endete 2022. Doch die Erkenntnisse fließen nun in einen Bericht ein, der die Ziele der digitalen Dekade aufschlüsselt.

Autoren von heise online haben sich die vier Dimensionen angeschaut und widmet sich ihnen in den nächsten Wochen bis zur Wahl in einem eigenen Beitrag zu jedem Thema.

Kornelius Kindermann sieht sich die digitalen Kompetenzen der Europäer genauer an: Bis 2030 sollen 80 Prozent der EU-Bevölkerung digitale Kompetenzen erworben haben. Schön und gut, aber was meint die EU eigentlich mit 'Digitalen Kompetenzen' und wie sehen die Maßnahmen ganz konkret aus? Die digitalen Kompetenzen der deutschen Bevölkerung hängen im EU-Vergleich auf jeden Fall hinterher ...

Hendrik Vatheuer wirft einen Blick auf die digitale Infrastruktur in Deutschland: Auf der Datenautobahn abgehängt – in vielen Bereichen gilt Deutschland als Technologieführer, doch bei Internetgeschwindigkeit und Mobilfunk hapert es an vielen Stellen. Vor allem der Glasfaserausbau stockt erheblich und das 5G-Netz auf dem Land hat große Lücken. Wir erklären, woran das liegt und wo Deutschland im EU-Vergleich steht.

Daniel Szöke untersucht die Digitalisierung der deutschen Wirtschaft: Wer treibt die Digitalisierung an? Deutsche Unternehmen schneiden im DESI durchschnittlich und in manchen Kategorien überdurchschnittlich ab. Laut dem Digitalisierungsindex 2023 fängt die Digitalisierung aber an zu stagnieren – mitsamt der Wirtschaft. Wer sind also die Schlüsselspieler der Digitalisierung der Wirtschaft: Großkonzerne oder der Mittelstand?

Greta Friedrich hat die digitalen Behördengänge in der EU im Blick: Deutschland dümpelt im hinteren Mittelfeld. Sich ummelden, das Auto anmelden, eine Geburtsurkunde beantragen – solche Behördendienste sollen bis 2030 online zugänglich sein, wenn es nach der EU-Kommission geht. Doch in Deutschland scheiterte das Bundesgesetz, das die Digitalisierung öffentlicher Dienste beschleunigen sollte, im März vorerst. Dabei ist noch viel zu tun, um die EU-Ziele zu erreichen.

Abschließend erläutert Stella Risch, wie es mit dem DESI weitergeht: In diesem Artikel betrachten wir, wie die Kommission den DESI-Bericht in den letzten zwei Jahren überarbeitet hat. Denn angesichts der beschleunigten technischen und geopolitischen Entwicklungen möchte die EU eine führende Position im technologischen Wettlauf besetzen. Darum hat die Kommission im Rahmen der Digitalen Dekade die Methodik angepasst, Indikatoren überarbeitet oder hinzugefügt, wie etwa für Glasfaserversorgung oder KI. Der Bericht zeigt jedoch, dass die Maßnahmen beschleunigt und vertieft werden müssen, um die Ziele bis 2030 zu erreichen. Laut Bericht ließe sich die Verwirklichung der Agenda mit einem Wert von 2,8 Billionen Euro beziffern.

(are)